Aufhebung der Sparbuchanonymität

Bankgeheimnis – Geldwäsche und Beweisverwertungsverbote für Finanzstrafverfahren

Seit 2. November 2000 ist die Anonymität von Sparbüchern aufgehoben. Wie die Banken die gesetzlichen Änderungen inder Praxis lösen und was der Sparbuchinhaber beachten sollte,sei im folgenden dargestellt.

Definition der Sparbucharten

Inhaber-Sparbuch (alt)
Auf dieses konnten bisher ohne Legitimation des Inhabers Ein-und Auszahlungen bei Vorlage des Sparbuches durchgeführtwerden. Lediglich bei Vorliegen eines begründeten Verdachtesauf Geldwäscherei musste die Identität des Kunden festgestelltwerden.

Losungswort-Sparbuch (neu)
Bis zu einem Guthabensstand von S 200.000,- bleibt der Charakterdes Inhabersparbuches erhalten. Der Eröffner des Sparbuchesmuss sich einmal identifizieren und kann die Bezeichnung (daherauch „Bezeichnungs“-Sparbuch genannt) willkürlich wählen.Zwingend vorgeschrieben ist ein Losungswort.

Namens-Sparbuch (neu)
Bei einem Guthabensstand von über S 200.000,- muss sich derEröffner, der Einzahler sowie der Abheber identifizieren.Das Sparbuch muss entweder auf den Namen des Kunden, eine andereBezeichnung oder eine Nummer lauten. Der Name hat auf Vor- undZuname zu lauten. Ein fremder Name darf nicht verwendet werden.Ein Losungswort ist nicht zwingend vorgesehen, aber zu empfehlen.

Übergangsregelung

Ab 2. November 2000: Legitimationspflicht bei Eröffnung eines neuen Sparbuches bzw. bei Einzahlung und Überweisung aufein altes Inhabersparbuch.

Vom 2. November 2000 bis 30. Juni 2002: Überweisungen von (anonymen) Wertpapierkonten auf (alte) Inhabersparbücher sowie Auszahlungen von diesen sind noch ohne Betragsbegrenzung und Legitimation möglich.

Ab 1. Juli 2002: Ende der alten Inhaber-Sparbücher, die vonden Banken als besonders gekennzeichnete Konten weitergeführtwerden, da kein gesetzlicher Zwang zur Identitätsfeststellungbesteht. Die Weitergabe dieser (noch anonymen) Sparbüchersteht unter der Sanktion einer Geldstrafe von bis zu S 300.000,-.

Praktische Durchführung bei den Banken

Identitätsfeststellung und -prüfung
Diese erfolgt unter gleichzeitiger Vorlage des (alten) Inhaber-Sparbuches und eines amtlichen Lichtbildausweises mit Aufnahme der Unterschrift in das Unterschriftenprobeblatt. Die Identifikation wird entwederim alten Sparbuch vermerkt (z.B. „identifiziert“) oder ein neues Sparbuch ausgestellt.

– Für das Losungswort-Sparbuch genügt die einmalige Identitätsfeststellung.
– Beim Namens-Sparbuch kommt zur einmaligen Identitätsfeststellung sowohl bei der Einzahlung als auch der Auszahlung die Identitätsprüfung hinzu.

Einlagen und Überweisungen auf Sparbücher ab 2. November 2000
– Inhaber-Sparbuch (alt)
Einlagen sind nur dann möglich, wenn der Inhaber identifiziert ist.
Überweisungen werden rücküberwiesen, es sei denn,diese stammen aus abschmelzenden anonymen Wertpapierdepots bis30. Juni 2002. Das Gutschriftsverbot des § 40 Abs. 6 BWGgilt laut BMF vom 15. Juni 2000 nicht für Bagatellüberweisungenbis maximal S 20.000,-. Die freie Verfügbarkeit überdieses Sparbuch tritt aber erst nach Kundenidentifikation ein.
Praxishinweis: Alle bestehenden Dauer- und Abschöpfungsaufträge sollten nach diesen Gesichtspunkten überprüft werden.
– Losungswort-Sparbuch (neu)
Bis zu einem maximalen Guthabensstand von S 200.000,- könnenEinlagen und Überweisungen ohne Identifikation durchgeführtwerden. Zinsengutschriften, die über den Betrag von S 200.000,-hinausgehen, schaden nicht.
– Namens-Sparbuch (neu)
Einlagen und Überweisungen von Beträgen, die überS 200.000,- liegen, dürfen nur nach erfolgter Identitätsprüfungdes Kunden durchgeführt werden.

Abhebungen von Sparbüchern
– Vom (alten) Inhaber-Sparbuch können ohne Identifikationin unbegrenzter Höhe Abhebungen bis 30. Juni 2002 durchgeführtwerden. Ab 1. Juli 2002 können Abhebungen nur nach vorherigerIdentifikation und nach Meldung an das Innenministerium sowieeiner Wartefrist von 7 Tagen durchgeführt werden.
Praxishinweis: Zur Vermeidung dieser Meldung ist zu empfehlen,vor der Abhebung eine Einzahlung bei gleichzeitiger ldentifikationzu leisten. In diesem Fall erfolgt nämlich die Auszahlungnicht von einem anonymen Inhabersparbuch, sondern bereits vomNamens-Sparbuch.
– vom Losungswort-Sparbuch können Abhebungen vom Inhaberbloß unter Nennung des Losungswortes erfolgen. ÜberSparguthaben, die geerbt werden, kann auch ohne Losungswort verfügtwerden. Gleiches gilt bei Zwangsvollstreckungen.
– vom Namens-Sparbuch können Abhebungen grundsätzlichnur nach Identitätsprüfung des Kunden erfolgen. Nachdem 1. Juli 2002 ist bei Behebungen ab S 200.000,- (da gibt esnur mehr EURO!) die Identität des Kunden festzustellen. DieRatio dieser Bestimmung bleibt im Dunkeln, zumal bei Behebungenvon Namenssparbüchern ohne Betragsbegrenzung eine Identifikationauch schon vorher erforderlich ist.

Praxishinweise:
Probleme, die sich daraus ergeben, dass Personen, denen das Namenssparbuch nicht gehört, aber aus bestimmten Gründen Abhebungendurchführen sollen (müssen) – wie das z.B. bei Hausverwaltungenbisher üblich war – können alternativ wie folgt gelöstwerden:
– Mitidentifizierung der abhebungsberechtigten Person(en) untergleichzeitiger Treuhandvereinbarung.
– „Reicherbrief“ aus dem hervorgeht, dass die Person, die das Sparbuch vorlegt, unter Ausweisleistung zur Abhebung (betraglich begrenzt oder unbegrenzt) berechtigt ist. Wenn kein Hinweis aufein Vollmachtsverhältnis besteht, voraussichtlich gebührenfrei.
– Vollmacht zur Abhebung
Diese kann schriftlich (gebührenpflichtig mit S 180,-) odermündlich erteilt werden. Die einfachste Lösung füreine Abhebung durch den Nichteigentümer dürfte folgendesein: Das Sparbuch wird nebst genauer Bezeichnung des identifiziertenEigentümers unter Nennung des Losungswortes und Ausweisleistungder abhebenden Person vorgelegt. Ob alle Banken diese einfacheLösung praktizieren, ist ungewiss. Das BMF hat in der Presseinformationvom 9. Juni 2000 die Auszahlung an den Bevollmächtigten desKunden ausdrücklich gestattet.
– Für Hausverwaltungen bieten sich Anderkonten oder Depositenkonten statt des Sparbuches an. Diese lauten auf die Hausverwaltung mitdem Untertitel der jeweiligen Liegenschaft. Die interimistischeVerwahrung einer Kaution (bei Vermietung üblich) sollte -lt. Empfehlung der Banken – nicht mehr auf einem (Kautions-)Sparbuch,sondern auf einem Anderkonto erfolgen.

Bankgeheimnis
Der Schutz der finanziellen Sphäre des Bankkunden ist – wiebisher – durch das Bankgeheimnis gemäß § 38 BWGverfassungsmäßig gewährleistet. Es gilt nichtgegenüber Strafgerichten bei eingeleiteten gerichtlichemStrafverfahren und gegenüber Finanzstrafbehörden beieingeleitetem Strafverfahren wegen vorsätzlicher Finanzvergehen. Diesbezüglich sei auf den BMF-Erlass vom 3. Dezember 1979 hingewiesen, in dem ausgeführt wird, dass die Einleitung des Finanzstrafverfahrens aktenkundig sein muss und zwischen diesem und den den Bankkundenbetreffenden Verhältnissen ein Zusammenhang bestehen muss.Das Bankgeheimnis gilt ferner nicht im Verlassenschaftsverfahren.

Beweisverwertungsverbote und Geldwäscherei
Dem finanzamtlichen Ermittlungsverfahren (§ 115 FinStrG)stehen auf Grund der neuen Rechtslage Beweiserhebungs- und -verwertungsverbote entgegen (§ 41 Abs. 6 BWG und § 98 Abs. 4 FinStrG).Das bislang anonyme Sparbuch stand zu den Bestimmungen überdie Geldwäscherei (§§ 40 und 41 BWG) – internationalgesehen – in Widerspruch. Im Jahre 1993 wurde der Straftatbestandder Geldwäscherei gemäß § 165 StGB eingeführt,insbesondere als Maßnahme gegen das organisierte Verbrechen.Das anonyme Sparbuch geriet dabei in den Verdacht ein Hort fürderartige Gelder zu sein.
Daten, die bei Erhebungen gegen die Geldwäscherei gewonnenwerden, dürfen in einem ausschließlich wegen einesFinanzvergehens geführten Verfahren nicht zum Nachteil desBeschuldigten verwendet werden (§ 41 Abs. 6 BWG). Ausgenommensind Verfahren wegen Schmuggel oder Hinterziehung von Eingangs-und Ausgangsabgaben.
Abschließend sei noch erwähnt, dass von der internationalen Arbeitsgruppe gegen Geldwäscherei 15 Staaten auf die schwarzeListe gesetzt worden sind. Weitere 14 Staaten befinden sich aufder grauen Liste. Österreich befindet sich – Dank Abschaffungder anonymen Sparbücher – nicht auf diesen Listen. Liechtensteinsteht auf der schwarzen Liste, weiters z.B. Israel, Libanon, Russlandetc. Monaco z.B. befindet sich auf der grauen Liste. Auf dieserscheinen jene Staaten auf, die wegen mangelnder Kooperation beider Geldwäschebekämpfung unter strenger Beobachtungstehen.

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