Die Hauptwohnsitzbefreiung ermöglicht die Befreiung von der Immobilienertragsteuer und somit die steuerliche Freistellung des Veräußerungserlöses aus Eigenheimen bzw. Eigentumswohnungen samt Grund und Boden. Dafür muss der Hauptwohnsitz aufgegeben werden und das Eigenheim entweder für mindestens zwei Jahre durchgehend oder innerhalb der letzten zehn Jahre mindestens fünf Jahre durchgehend als Hauptwohnsitz gedient haben. Das BFG hatte sich (GZ RV/7105501/2016 vom 16.5.2018) mit einem Fall auseinanderzusetzen, in dem mit Hinweis auf die durchgehende fünfjährige Nutzung als Hauptwohnsitz die Befreiung von der Immobilienertragsteuer zur Anwendung kommen sollte.
Im Detail wollte ein leitender Beamter einer internationalen Organisation mit Sitz in Wien, der nach seiner mehrjährigen Tätigkeit in Österreich mit seiner Familie nach Australien übersiedelte, besagte Steuerbefreiung geltend machen. Wenngleich die fünfjährige Nutzung der Wohnung in Österreich unbestritten war, verneinte das Finanzamt die Befreiung mit Hinweis auf die besondere steuerliche Situation des leitenden Beamten und nigerianischen Staatsbürgers. Leitende Beamte mit einer „roten Legitimationskarte“ genießen in Österreich – wie auch z.B. Diplomaten – besondere Privilegien und Immunitäten. Aus steuerlicher Sicht gelten Sonderregelungen („Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen“), sodass diese Personen, welche weder österreichische Staatsbürger noch in Österreich ständig ansässig sind, nur mit ihren inländischen Einkünften gem. § 98 EStG (d.h. im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht) steuerpflichtig sind. Darüber hinaus sieht Österreich eine Befreiung der Dienstbezüge vom Entsendestaat vor. Einkünfte aus Drittstaaten dürften sowieso nicht in Österreich besteuert werden, da die beschränkte Steuerpflicht niemals das Welteinkommen umfassen kann. Wie schon der VwGH vor geraumer Zeit zum Ausdruck gebracht hatte, verzichtet Österreich bei diesen Personen aufgrund völkerrechtlicher Verträge auf sein grundsätzliches Recht, deren sämtliche Einkünfte zu besteuern – und zwar auch dann, wenn diese Personen im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Es ist daher beschränkte Steuerpflicht trotz Wohnsitzes im Inland gegeben und die entsprechenden Bestimmungen müssen angewendet werden.
Das BFG betonte in seiner Entscheidungsfindung, dass im vorliegenden Fall Österreich auf die unbeschränkte Einkommensbesteuerung verzichtet und daher ein Fehlen der unbeschränkten Steuerpflicht in Österreich seitens des ehemals leitenden Beamten anzunehmen ist. Ohne unbeschränkte Steuerpflicht können jedoch Vorschriften, welche die unbeschränkte Steuerpflicht voraussetzen (wie etwa die Hauptwohnsitzbefreiung), nicht zur Anwendung kommen. Der leitende Beamte war nämlich in Österreich nicht unbeschränkt steuerpflichtig, da Österreich auf die unbeschränkte Einkommensbesteuerung wirksam verzichtet hat. Anders ausgedrückt kann er keinen Wohnsitz in Österreich haben, da er wie ein beschränkt Steuerpflichtiger zu behandeln ist und daher im Umkehrschluss weder Wohnsitz noch gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben kann. Im Endeffekt blieb die bereits entrichtete Immobilienertragsteuer (die beschränkte Steuerpflicht umfasst auch Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen) als steuerliche Belastung aufrecht – die Hauptwohnsitzbefreiung kam nicht zur Anwendung.