Grundprinzipien der Kostenrechnung

Die Kostenrechnung ist auch in Zeiten der Digitalisierung und anderer wirtschaftlicher Umbrüche eines der wesentlichsten Instrumente unternehmerischen Handelns, da sie die Grundlagen für zahlreiche betriebliche Entscheidungen und Kalkulationen liefert. Typischerweise ist die Kostenrechnung maßgebend für die Preisbildung, die kalkulatorische Ergebnisermittlung, die Optimierung des betrieblichen Leistungsprogrammes sowie die Kontrolle der Wirtschaftlichkeit innerhalb des Unternehmens bzw. des Konzerns. Die insgesamt steigende Komplexität der Wirtschaft und die erhöhte Dynamik der Umwelt tragen dazu bei, dass die Anforderungen an die Kostenrechnungssysteme im Unternehmen laufend steigen (und die Systeme laufend angepasst werden müssen). So erfordert die höher werdende Komplexität der Wirtschaftsbeziehungen und der unternehmerischen Leistungserstellung eine dementsprechend erhöhte Leistungsfähigkeit und Genauigkeit der Kostenrechnung, damit die wirtschaftlichen Sachverhalte im Unternehmen hinreichend genau abgebildet werden können.

Mit der Kostenrechnung eng verbunden ist der Begriff des Kosten- und Erlösmanagements (alternativ auch als Kostenpolitik bezeichnet). Gemeint sind damit Maßnahmen zur Beeinflussung und Gestaltung der Kosten zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit der Leistungserstellung im Unternehmen. Konkret sollen dabei rechtzeitig Kosten in Bezug auf das Kostenniveau, die Kostenstruktur sowie den Kostenverlauf beeinflusst werden. Das Kostenniveau kann etwa durch Lieferantenpolitik, Outsourcing, Qualitätsmanagement oder Rationalisierung gesteuert werden. Bei der Kostenstruktur sind wiederum die relative Höhe von variablen und fixen Kosten bzw. von Einzel- und Gemeinkosten entscheidend und durch Schlagworte wie Kapazitätsauslastung oder Fremdbezug steuerbar. Beim Thema Kostenverlauf gilt es schließlich, progressive Kostenverläufe möglichst zu vermeiden. Dies kann beispielsweise durch Reduktion von Komplexität oder durch die Verwendung von Gleichteilen gelingen. Im Rahmen des proaktiven Kostenmanagements soll möglichst früh auf die Ursache von Kosten eingewirkt werden, wobei sich die Ansatzpunkte für das Kostenmanagement in den Produkten, Prozessen und Ressourcen des Unternehmens finden.

Der Kostenbegriff

Kosten entstehen durch den bewerteten Einsatz von Produktionsfaktoren (z.B. Material, Personal etc.) zur Erstellung von Sach- und Dienstleistungen. Sie ergeben sich in der Regel aus dem Produkt aus Einsatzmenge und Preis eines Produktionsfaktors. Der Kosten(rechnungs)begriff kann auch nach dem Zeitbezug und nach dem Sachumfang unterschieden werden. Der Zeitbezug umfasst Istkosten-, Normalkosten- und Plankosten-Rechnungssysteme und bezieht sich demnach entweder auf Istkosten der abgelaufenen Periode, Durchschnittskosten der vergangenen Periode oder Plankosten der künftigen Periode. Der später näher dargestellte Sachumfang unterscheidet nach Art und Ausmaß der Zurechnung der Kosten auf die Kostenträger und somit zwischen Vollkostenrechnung und Teilkostenrechnung. Sowohl Vollkosten- als auch Teilkostenrechnung können auf Istkosten-, Normalkosten- oder Plankostenrechnung basieren.

Nachfolgend soll das System der betrieblichen Kosten- und Erfolgsrechnung näher dargestellt werden. Wichtige Begriffe dabei sind neben Kostenartenrechnung und Kostenstellenrechnung vor allem die Kostenträgerrechnung, Vollkostenrechnung und Teilkostenrechnung.

Kostenartenrechnung, Kostenstellenrechnung und Kostenträgerrechnung

Die Kostenartenrechnung gliedert die Kostenarten nach verrechnungstechnischen Erfordernissen. Sie widmet sich der Frage, welche Kosten insgesamt in welcher Höhe angefallen sind. Sie steht am Anfang der Kostenrechnung und hat die Erfassung und Gliederung der in der Abrechnungsperiode angefallenen Kostenarten zum Ziel. Eine Möglichkeit der Gliederung besteht in der Zusammenfassung typischer Kostengruppen wie Personalkosten, Materialkosten, etc. oder nach der Entstehung der Kosten. Eine weitere Gliederungsmöglichkeit ist die Trennung in variable und fixe Kostenteile, d.h. nach der Abhängigkeit bzw. Unabhängigkeit vom Beschäftigungsgrad. Die Kostenartenrechnung hat dabei zum Ziel, eine möglichst exakte und vollständige Erfassung und Bewertung der im Betrieb angefallenen relevanten Kosten durchzuführen – technisch erfolgt dies mithilfe des Betriebsüberleitungsbogens (BÜB).

Eine Kostenstelle ist eine Einheit innerhalb eines Unternehmens, die Kosten und Leistungen sammelt. Es soll aufgezeigt werden, wo welche Kosten angefallen sind und welche Leistungen dafür erbracht wurden. Der wesentliche Gedanke der Kostenstellenrechnung ist die Kostenkontrolle. Durch die Gegenüberstellung von Soll- und Ist-Kosten kann die Wirtschaftlichkeit der Führung der Kostenstelle überprüft werden und bei Wirtschaftlichkeitsabweichungen können notwendige Maßnahmen ergriffen werden. Die zentrale Aufgabe der Kostenstellenrechnung liegt in der Vorbereitung der indirekten Weiterverrechnung der Gemeinkosten auf die Kostenträger. Dafür müssen für die einzelnen Kostenstellen Zuschlags- und Verrechnungssätze gebildet werden (sie zeigen das Verhältnis der Gemeinkostensumme einer Kostenstelle zur entsprechenden Bezugsgröße), um die Inanspruchnahme einer Kostenstelle für einen Kostenträger zum Ausdruck bringen zu können. Mittels Betriebsabrechnungsbogen (BAB) wird sichergestellt, dass ein Kostenträger anteilig nur mit den Gemeinkosten jener Kostenstellen belastet wird, die an der Erstellung des jeweiligen Kostenträgers beteiligt waren.

Die Kostenträgerrechnung ist für die Preiskalkulation von besonderer Relevanz. Unter Kostenträger versteht man jene Leistungen (Produkte, Dienstleistungen), die vom Markt bezahlt werden und durch welche die angefallenen Kosten getragen werden können. Einzelkosten (auch direkte Kosten genannt) umfassen dabei jene Kosten, die unmittelbar mit der Leistungserstellung in Zusammenhang stehen, wie beispielsweise Fertigungslöhne und Fertigungsmaterial. Gemeinkosten sind Kosten, die den einzelnen Kostenträgern nur anteilsmäßig zugerechnet werden können, wie Energiekosten, Reparaturkosten, Raummieten , etc. Die Zurechnung dieser Kosten erfolgt in Form von Zuschlags- oder Verrechnungssätzen, dem sogenannten Gemeinkostenzuschlag. Im Rahmen der Gemeinkosten kann schließlich zwischen echten und unechten Gemeinkosten differenziert werden. Echte Gemeinkosten – wie die bereits genannten – können den einzelnen Kostenträgern nur indirekt zugerechnet werden, weil sie für mehrere oder alle Kostenträger entstanden sind (Verrechnung i.S.d. Durchschnittsprinzips). Unechte Gemeinkosten umfassen regelmäßig Hilfs- und Betriebsstoffe (z.B. Schrauben, Lacke, Leim oder Nägel). Wenngleich sie einem Kostenträger direkt als Einzelkosten (theoretisch) zugerechnet werden könnten, erfolgt dies aus Wirtschaftlichkeits- und Vereinfachungsgründen nicht – diese Hilfsstoffe stellen meist keinen erheblichen Wert dar, sodass auf eine gesonderte Erfassung verzichtet wird.

Nachfolgend werden die Vollkostenrechnung und die Teilkostenrechnung genauer dargestellt. Der wesentliche Unterschied zwischen Voll- und Teilkostenrechnung liegt darin, dass entweder die gesamten oder nur ein Teil der in einer Abrechnungsperiode erfassten Kosten dem Kostenträger zugerechnet werden.

Vollkostenrechnung

Die Vollkostenrechnung lastet den einzelnen Kostenträgern sämtliche durch sie verursachte Kosten an (fixe und variable Kosten). Konkret wird dabei versucht, alle im Unternehmen anfallenden Kosten möglichst verursachungsgerecht – unter Heranziehung von Kostenstellen und Verteilungsschlüsseln – auf die Kostenträger (beispielsweise eine Produktgruppe) zu verteilen. Dem Namen entsprechend umfassen die Vollkosten die Einzelkosten und die Gemeinkosten. Typischerweise beinhalten die Einzelkosten jene Kosten, welche dem Produkt direkt zurechenbar sind (z.B. Materialkosten und Fertigungslöhne). Gemeinkosten, wie etwa die Löhne der unternehmensinternen Verwaltung, können dem einzelnen Kostenträger nicht direkt zugerechnet werden, sondern nur indirekt über eine Kostenstelle.

Die Vollkostenrechnung dient vor allem der langfristigen Kostenkalkulation. Sie beruht auf der Grundidee, dass sämtliche Kosten, die in einem Betrieb in einer Abrechnungsperiode angefallen sind, durch die Umsatzerlöse gedeckt sein müssen. Nur wenn alle Kosten den Kostenträgern zugerechnet werden und die Preise der Produkte zumindest kostendeckend sind, ist langfristig gesehen die Existenz des Unternehmens gesichert. Mittels Vollkostenrechnung kann also auch die langfristige Preisuntergrenze von Aufträgen bzw. Produkten ermittelt werden. Schließlich müssen die errechneten vollen Selbstkosten unter dem Marktpreis liegen, damit ein Unternehmen langfristig keine Verluste erwirtschaftet.

Sowohl in der Literatur als auch in der Praxis ist die Vollkostenrechnung nicht unumstritten und folgenden Kritikpunkten ausgesetzt:

  • Änderungen des Beschäftigungsgrades führen zu falschen Kostensätzen;
  • kurzfristige Preisuntergrenzen können nicht bestimmt werden;
  • die Ermittlung des Break-even-Points ist nicht möglich;
  • die Vollkostenrechnung bietet nur unzureichende Kontrolle der Wirtschaftlichkeit.

Auf den letzten Kritikpunkt bezogen besteht ein Problem der Vollkostenrechnung darin, dass die Verteilung der Gemeinkosten nicht verursachungsgerecht, sondern pauschal vorgenommen wird. Dies kann beispielsweise dazu führen, dass bestimmte Kostenträger übergebührend mit Gemeinkosten belastet werden und im Extremfall dadurch unwirtschaftlich werden. Das System der Vollkostenrechnung gilt überdies oftmals als zu schwerfällig (mitunter aufgrund der umfangreichen Schlüsselung fixer Kosten) für die Unterstützung bei Unternehmensentscheidungen bzgl. Veränderungen im Leistungsumfang oder bei der Zusammenstellung von Produkt- und Absatzportfolio.

Teilkostenrechnung

Unter Teilkostenrechnung versteht sich eine leistungsabhängige, verursachungsgerechte Kostenrechnung – sie ist vor allem dadurch gekennzeichnet, dass nur die Einzelkosten den jeweiligen Kostenträgern zugerechnet werden. Die Teilkostenrechnung ist kurzfristiger als die Vollkostenrechnung, wobei dieses Merkmal sowohl Vorteil als auch Nachteil sein kann. Die Teilkostenrechnung ist sensitiver auf Beschäftigungsschwankungen und liefert Entscheidungshilfen bei kurzfristigen Fragestellungen wie z.B. der Berechnung der kurzfristigen Preisuntergrenze. Ausgangspunkt für die Teilkostenrechnung ist die Zerlegung der Kosten in beschäftigungsunabhängige fixe Kosten einerseits und beschäftigungsabhängige variable Kosten andererseits. Die beschäftigungsunabhängigen fixen Kosten umfassen jenen Teil der Gesamtkosten, der von der Leistungserstellung und vom Leistungsumfang unabhängig ist. Diese Kosten sind durch die Aufrechterhaltung der Betriebs- bzw. Leistungsbereitschaft des Unternehmens gekennzeichnet und ändern sich bei Beschäftigungsschwankungen nicht (beispielsweise Versicherungen, Miete, Kosten für Leasing usw.). Hingegen verändern sich beispielweise Materialverbrauch oder Fertigungslöhne als variable Kosten bei Beschäftigungsschwankungen – sie fallen nur an, wenn Leistungen auch tatsächlich erbracht werden.

Die Teilkostenrechnung ist grundsätzlich wesentlich aussagekräftiger als die Vollkostenrechnung. Die Vorteile der Teilkostenrechnung stellen sich u.A. wie folgt dar:

  • Ermittlung der Deckungsbeiträge zur Abdeckung der Fixkosten (siehe dazu den anderen Beitrag in dieser Ausgabe);
  • Ermittlung von Opportunitätskosten;
  • Verbesserung der Kontrolle von Verantwortungsträgern;
  • Erleichterung des Soll-Ist Vergleichs durch gesonderte Erfassung der Fixkosten.

Bild: © Adobe Stock – Andrey Popov

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