Wenngleich für die Berechnung der Grunderwerbsteuer (GrESt) grundsätzlich der Wert der Gegenleistung (z.B. der Kaufpreis) maßgeblich ist, so kommt auch dem sogenannten Grundstückswert als Mindestbemessungsgrundlage eine wesentliche Bedeutung zu. Nicht zuletzt deshalb, da er auch explizit als Bemessungsgrundlage für bestimmte Erwerbsvorgänge wie etwa im Zusammenhang mit unentgeltlichen Übertragungen oder bei Umgründungen zu verwenden ist.
Die Ermittlung des Grundstückswerts ist in der Grundstückswertverordnung geregelt, wobei grundsätzlich entweder das Pauschalwertmodell zur Anwendung kommt (Kombination aus Grund- und/oder Gebäudewert) oder die Ermittlung anhand eines geeigneten Immobilienpreisspiegels erfolgt. Für Grunderwerbsteuer auslösende Transaktionen mit Baurechten (z.B. Einräumung oder Übertragung eines Baurechts) oder i.Z.m. durch Baurechte belasteten Grundstücken hatte die Grundstückswertverordnung bislang keine Informationen vorgesehen – mit Herbst 2019 hat sich das durch eine Novellierung der Grundstückswertverordnung geändert. Unter einem Baurecht versteht man (zivilrechtlich) ein sogenanntes eigentumsähnliches Recht, wie es beispielsweise auch das Wohnungseigentum oder das Veräußerungs- und Belastungsverbot ist. Konkret ist das Baurecht ein dingliches, veräußerliches und vererbliches Recht, auf oder unter Bodenfläche eines fremden Grundstücks ein Bauwerk zu haben. Für den Liegenschaftseigentümer kann das Baurecht den Vorteil bieten, die Liegenschaft verwerten zu können, ohne sein Eigentum aufgeben zu müssen. Der Bauberechtigte auf der anderen Seite erspart sich den Kaufpreis für die Liegenschaft und muss bloß den Bauzins bezahlen.
Die Grundstückswertverordnung sieht im Rahmen der Ermittlung des Grundstückswertes eines Baurechtes und des mit einem Baurecht belasteten Grundstücks für die Berechnung des Grundwerts folgendes vor (der Gebäudewert als zweite Komponente des Grundstückswerts unterliegt keinen besonderen Bestimmungen). Maßgebende Überlegung dabei ist, ob der Grundwert des Grundstücks dem Baurecht zuzuordnen ist oder mit dem belasteten Grundstück zusammenhängt. Beträgt die Dauer des Baurechts im Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld noch 50 Jahre oder mehr, so ist der Grundwert des Baurechtes in Höhe des Grundwertes des unbebauten Grundstückes und der Grundwert des belasteten Grundstückes mit Null anzusetzen. Folglich wird in dieser Konstellation der gesamte Grundwert des Grundstücks dem Baurecht zugeordnet und das belastete Grundstück hat in diesem Zeitpunkt keinen Wert. Macht hingegen die Dauer des Baurechtes im Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld weniger als 50 Jahre aus, so ist der Grundwert des Baurechtes mit 2% des Grundwertes des unbebauten Grundstückes für jedes volle Jahr der restlichen Dauer des Baurechtes anzusetzen. Der Grundwert des belasteten Grundstückes ist die Differenz zwischen dem Grundwert des unbelasteten Grundstückes und dem Grundwert für das Baurecht. Bei dieser Variante verringert sich der dem Baurecht zuzuordnende Grundwert linear um 2% pro vollem Jahr der verbleibenden Dauer des Baurechts – im Gegenzug erhöht sich der Grundwert des belasteten Grundstücks um jährlich 2%. Für beide Konstellationen gilt im Endeffekt, dass die Summe aus dem Grundwert des Baurechts und dem Grundwert des belasteten Grundstücks dem Grundwert des unbelasteten Grundstücks entsprechen muss.
Da vor der Novellierung der Grundstückswertverordnung die GrESt bei Begründung oder Übertragung eines Baurechts mit dem 18fachen des Jahreswerts der Baurechtszinsverpflichtung gedeckelt war, kann es sein, dass das nunmehrige Heranziehen des Grundstückswerts als Mindestbemessungsgrundlage bei Baurechten zu einer erhöhten GrESt führt. Eine Lösungsmöglichkeit besteht unter Umständen in dem Nachweis des Bodenwertanteils des Baurechts durch ein Sachverständigengutachten – dabei handelt es sich bekanntermaßen um die dritte Möglichkeit der Ermittlung des Grundstückswerts (neben Anwendung des Pauschalwertmodells und der Ableitung aus einem geeigneten Immobilienpreisspiegel).