Der wirtschaftliche Sinn und Zweck der Hauptwohnsitzbefreiung liegt bekanntermaßen darin, den Veräußerungserlös aus der alten Wohnung ungeschmälert zur Schaffung eines neuen Hauptwohnsitzes zur Verfügung zu haben. Dem Gesetzeswortlaut folgend wird für diese Begünstigung – neben der Aufgabe des alten Hauptwohnsitzes – gefordert, dass das veräußerte Eigenheim entweder ab der Anschaffung bis zur Veräußerung für mindestens zwei Jahre durchgehend als Hauptwohnsitz gedient hat oder dass das veräußerte Eigenheim dem Veräußerer innerhalb der letzten zehn Jahre vor der Veräußerung mindestens fünf Jahre durchgehend als Hauptwohnsitz gedient hat. Diese zweite Möglichkeit ist insbesondere dadurch gerechtfertigt, dass eine ununterbrochene Aufrechterhaltung des Hauptwohnsitzes bei einer unbegrenzten Steuerhängigkeit der Immobilie als unverhältnismäßige Anforderung für eine Steuerbefreiung anzusehen wäre.
Der VwGH hatte sich unlängst (GZ Ra 2017/13/0005 vom 24. Jänner 2018) mit der Situation zu beschäftigen, in welcher ein Mieter einer Genossenschaftswohnung zu einem späteren Zeitpunkt Eigentum an dieser Wohnung erwarb. Kurz darauf verkaufte er die Wohnung und wollte die Hauptwohnsitzbefreiung in Anspruch nehmen, um den Veräußerungserlös steuerfrei stellen zu können. Da der Zeitraum zwischen Begründung von Wohnungseigentum und Veräußerung jedenfalls zu kurz für die auf zwei Jahre abstellende Hauptwohnsitzbefreiung war, setzte sich der VwGH mit dem Wortlaut sowie dem Sinn und Zweck des anderen Befreiungstatbestands auseinander. Der Wortlaut erfordert (lediglich) die durchgehende Nutzung der Wohnung als Hauptwohnsitz für fünf Jahre innerhalb von zehn Jahren vor der Veräußerung. Auf einen bestimmten Rechtstitel während der Nutzung, d.h. auf die Nutzung als Wohnungseigentümer kommt es hingegen nicht an.
Somit wirkt auch im konkreten Fall die Hauptwohnsitzbefreiung, weil auf die bestimmte Dauer als Hauptwohnsitz insgesamt abzustellen ist. Wird dieser Zeitraum in Form der längeren Nutzung als Mieter der Genossenschaftswohnung und deutlich kürzeren Zeitspanne als Wohnungseigentümer erreicht, so soll der Erlös aus dem späteren Verkauf der Wohnung (trotzdem) ungeschmälert zur Schaffung eines neuen Hauptwohnsitzes genutzt werden können. Der VwGH folgte damit ebenso wenig der Ansicht des BFG wie auch der Finanzverwaltung, welche bisher bei Mietkaufmodellen keine Anwendungsmöglichkeit der Hauptwohnsitzbefreiung gesehen hat. Das BFG war der Ansicht gewesen, dass für die Hauptwohnsitzbefreiung ein Eigenheim bzw. eine Eigentumswohnung genutzt werden müsse und demnach zumindest wirtschaftliches Eigentum hätte vorliegen müssen.