Das kürzlich veröffentlichte Umsatzsteuerprotokoll 2009 enthält auch dieses Jahr wieder einige interessante Ergebnisse aus dem Steuerdialog zwischen dem BMF (Fachbereich für Umsatzsteuer) und den Finanzämtern:
- Behandlung von Solarstromanlagen auf/neben privaten Eigenheimen: Immer häufiger errichten Privatpersonen auf oder neben ihren Häusern Solarstromanlagen (Photovoltaikanlagen) und speisen den gewonnenen Strom mangels eigener Speichermöglichkeit in das öffentliche Netz. Der gewonnene Strom deckt in der Regel dabei nicht den Eigenbedarf. Umgekehrt wird der privat benötigte Strom aus dem öffentlichen Netz unter Subventionierung durch die öffentliche Hand (zurück)gekauft. Es liegt hier nach Ansicht der Finanzverwaltung keine unternehmerische Tätigkeit vor, so dass der Privatperson kein Vorsteuerabzug aus der Errichtung und dem Betrieb der Anlage zusteht. Begründet wird dies damit, dass die Anlage vorrangig aus privaten Motiven und nicht primär zu Erbringung von Leistungen am Markt betrieben wird und Tätigkeiten, die lediglich der Selbstversorgung dienen, keine Unternehmereigenschaft begründen. Der Verkauf des Stroms an die Elektrizitätsgesellschaft ist daher nicht steuerbar. Eine unternehmerische Tätigkeit liegt nach Auffassung der Finanzverwaltung allerdings dann vor, wenn die erzeugte Strommenge zumindest doppelt so groß wie die zum privaten Verbrauch benötigte Strommenge ist.
- Touristenexport: Bekanntermaßen sind sogenannte „Touristenexporte“ – neben anderen Voraussetzungen – nur dann von der Umsatzsteuer befreit, wenn der Abnehmer keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in der EU hat. Enthält der Reisepass keine Wohnsitzangabe, kann der Unternehmer grundsätzlich davon ausgehen, dass der Abnehmer in jenem Staat seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat, der den Reisepass ausgestellt hat. Ist im Reisepass ein Aufenthaltstitel für einen EU-Staat eingetragen, ist von einem Wohnsitz in der EU auszugehen. Erhält der Unternehmer vom Zoll das Formular U 34 rückübermittelt und findet sich dort eine Eintragung über einen inländischen Wohnsitz des Abnehmers, kann er den Umsatz nicht mehr steuerfrei behandeln, auch wenn sich bei der Kontrolle des Passes zuvor kein Hinweis auf den inländischen Wohnsitz ergeben hat.
- Weiterverrechnung von PKW-Kosten: Kraftfahrzeuge sind umsatzsteuerrechtlich regelmäßig nicht Bestandteil des Unternehmens (daher keine Möglichkeit zum Vorsteuerabzug). Überlässt ein selbständiger Handelsvertreter einem Branchenkollegen gegen Kostenersatz seinen PKW, so ist das Entgelt allerdings auch nicht steuerbar. Die bisher schon in Rz 1931 der UStR vertretene Ansicht bleibt daher weiter aufrecht.
- Vorsteuerberichtigung bei Veräußerung einer GmbH-Beteiligung: Geschäftsleitende Holdinggesellschaften sind grundsätzlich vorsteuerabzugsberechtigt. Fallen im Zusammenhang mit Beteiligungen Kosten an, die auf den Beteiligungsansatz aktiviert werden und für die ein Vorsteuerabzug geltend gemacht wird, so ist bei einer unecht steuerbefreiten Veräußerung innerhalb von fünf Jahren nach dem Anschaffungszeitpunkt eine entsprechende Vorsteuerberichtigung durchzuführen. Betreffen die Vorsteuern laufende Kosten, die nicht als Anschaffungskosten der Beteiligung anzusehen sind, ist eine Vorsteuerkorrektur nicht erforderlich.
- Differenzbesteuerung und Kleinunternehmer: Bei Gebrauchtwarenhändlern kommt regelmäßig die Differenzbesteuerung zur Anwendung (Bemessungsgrundlage des Umsatzes ist die Differenz zwischen Verkaufs- und Einkaufspreis). Auf die Differenzbesteuerung kann jedoch bei jedem einzelnen Umsatz verzichtet werden (Option zur Normalbesteuerung). Überschreitet der Gebrauchwarenhändler mit den bereits differenzbesteuerten Umsätzen und den regulär zu versteuernden Umsätzen die Kleinunternehmergrenze von 30.000 € nicht, so kann er von dem Einzelumsatz die Steuerbefreiung für Kleinunternehmer in Anspruch nehmen, wenn er durch entsprechende Rechnungslegung (Hinweis auf Befreiung) auf die Differenzbesteuerung verzichtet. Beispiel: Umsätze hinsichtlich differenzbesteuerter Verkäufe: 15.000 € (94.000 – 76.000, Umsatzsteuer herausgerechnet) und Umsatz ohne Differenzbesteuerung 8.333 € (10.000 € Verkaufserlös, fiktive Umsatzsteuer herausgerechnet). Es ergibt sich somit ein Gesamtumsatz von 23.333 € und die Kleinunternehmergrenze wird nicht überschritten. Der Verkaufserlös von 10.000 € kann daher unter Anwendung der Kleinunternehmerbefreiung steuerfrei belassen werden. Durch geschickte Verrechnung ist daher im Einzelfall Umsatzsteuervermeidung möglich.
- Innergemeinschaftliche Lieferung, Nachweis der Beauftragung, Sorgfaltspflichten des Lieferanten: Werden Waren vom Abnehmer oder dessen Beauftragten in das Gemeinschaftsgebiet befördert („Abholfall“), so ist darüber eine schriftliche Erklärung des Abnehmers erforderlich. Hierzu gehört auch der Nachweis, dass ein für den Abnehmer Handelnder dessen Beauftragter ist. Eine Kopie des Reisepasses des Abholers ist als Nachweis allein nicht ausreichend. Geben sich mehrere Personen als Beauftragte des Warenempfängers aus, muss der liefernde Unternehmer sich von jedem Einzelnen geeignete Nachweise für seine Beauftragung vorlegen lassen. Eine bloß allgemein gehaltene Vollmacht genügt nicht. In der Erklärung muss weiters das Bestimmungsland sowie der Bestimmungsort der Waren konkret angegeben werden, ein bloßer Hinweis auf eine Beförderung der Waren in das übrige Gemeinschaftsgebiet ist nicht ausreichend. Fehlen ordnungsgemäße Nachweise über die Beauftragung oder Erklärungen i.Z.m. der Warenbeförderung, ist eine Behandlung als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung nicht möglich. Diese Nachweise müssen bereits vor der Aushändigung der Waren eingeholt werden, ein Nachreichen im Betriebsprüfungsverfahren ist nach Auffassung der Finanzverwaltung nicht möglich (anderer Auffassung ist allerdings der UFS – siehe KI vom August 2009, der eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung auch bei Nachholung der Nachweise für möglich hält).