Wie bereits in der Klienten-Info Dezember 2000 berichtet, besteht für alle Künstler nunmehr eine Pflichtversicherung in der Kranken-, Pensions- und Unfallversicherung. Gleichzeitig sieht das „Künstler-Sozialversicherungsfonds-Gesetz“ Zuschüsse zu den Pensionsbeiträgen der Kunstschaffenden vor.
Pflichtversicherung
Beginn der Pflichtversicherung
1. Übersteigen der Versicherungsgrenzen
I S 88.800,- p.a., wenn keine weitere Erwerbstätigkeit ausgeübt wird.
II S 48.912,- p.a., wenn – auch nur kurzfristig – entweder eine weitere Erwerbstätigkeit ausgeübt, eine gesetzliche Pension, ein Ruhe-, Versorgungsgenuss oder eine Geldleistung aus der gesetzlichen Kranken- bzw. Arbeitslosenversicherung bezogen wird.
2. Positive Prognose, dass die oben angeführten Versicherungsgrenzen voraussichtlich überstiegen werden. Die Versicherung bleibt aufrecht, wenn die Versicherungsgrenzen dann tatsächlich auch nicht überstiegen werden. Die geleisteten Beiträge werden nicht rückerstattet. Die Pflichtversicherung kann allerdings beendet werden, wenn der SVA mitgeteilt wird, dass die Tätigkeit beendet oder die Versicherungsgrenzen nicht überstiegen werden.
3. Rückwirkende Pflichtversicherung, wenn keine Meldung oder eine negative Einkommensprognose erfolgt und laut Einkommensteuerbescheid die zutreffende Versicherungsgrenze überschritten wird. Die Beiträge werden rückwirkend ab 1. Jänner 2001 mit einem Zuschlag von 9,3% vorgeschrieben, ohne dass ein Leistungsanspruch aus der Kranken- bzw. Unfallversicherung entsteht. Der Zuschlag kann vermieden werden, wenn noch vor Rechtskraft des Einkommensteuerbescheides eine Meldung an die SVA erfolgt.
Ausnahmen von der Pflichtversicherung
Lediglich von der Pensionsversicherung sind – lt. geltendem Recht – automatisch Personen befreit, die am 1. Jänner 2001 das 57. Lebensjahr überschritten haben. In der zu erwartenden 25. GSVG-Novelle wird anstelle des 57. das 55. Lebensjahr treten und ist lt. Erlass des BMSG v. 27. Dezember 2000 bereits ab 1. Jänner 2001 anzuwenden. Auf Antrag sind jene Personen befreit, die zu diesem Stichtag das 50. Lebensjahr vollendet und noch keine 180 Beitragsmonate erworben haben.
Beitragsgrundlagen und -höhe
Von der Beitragsgrundlage sind in der Pensionsversicherung (PV) 15% und in der Krankenversicherung (KV) 8,9% zu entrichten. Die Unfallversicherung (UV) kostet für alle einheitlich S 1.072,- p.a. (für das Jahr 2001). Die Vorschreibungen erfolgen quartalsweise.
– Vorläufige Mindestbeiträge
Bis zum Bekanntwerden der tatsächlichen Einkünfte errechnen sich die vorläufigen Mindestbeiträge für die Jahre 2001 bis 2003 von der um 9,3% erhöhten Mindestbeitragsgrundlage.
Versicherungsgrenze I: PV 15% von S 97.056,- S 14.558,- p.a.
Versicherungsgrenze I: KV 8,9% von S 97.056,- S 8.639,- p.a.
Versicherungsgrenze II: PV 15% von S 53.460,- S 8.019,- p.a.
Versicherungsgrenze II: KV 8,9% von S 53.460,- S 4.758,- p.a.
– Endgültige Mindestbeiträge
Versicherungsgrenze I: PV 15% von S 88.800,- S 13.320,- p.a.
Versicherungsgrenze I: KV 8,9% von S 88.800,- S 7.903,- p.a.
Versicherungsgrenze II: PV 15% von S 48.912,- S 7.337,- p.a.
Versicherungsgrenze II: KV 8,9% von S 48.912,- S 4.353,- p.a.
Die Differenz zwischen den vorläufig höheren Mindestbeiträgen wird bei der Nachbemessung auf Basis der endgültigen Mindestbeitragsgrundlage gutgeschrieben.
– Höchstbeiträge
PV 15% von S 621.800,- S 93.240,- p.a.
KV 8,9% von S 621.800,- S 55.340,- p.a.
– Differenzbeiträge
Bei einer Mehrfachversicherung sind nur bis zur Höchstbeitragsgrundlage Beiträge zu leisten. Zur Vermeidung der Vorschreibung von zu hohen Beiträgen, ist daher der Antrag auf Differenzvorschreibung zu stellen.
Beitragszuschuss
Voraussetzungen
– Künstlereigenschaft
Anspruch haben nur jene Versicherten, die als Künstler freiberuflich tätig sind. Im Zweifelsfall entscheidet über die Künstlereigenschaft eine Künstlerkommission.
– Einkommensgrenzen
Die Gesamteinkünfte (aus allen Einkunftsquellen) dürfen im Jahr S 270.000,- nicht überschreiten.
Die Einkünfte aus der künstlerischen Tätigkeit müssen aber mindestens S 48.912,- p.a. erreichen. Damit sollen Hobbykünstler vom Zuschuss ausgeschlossen werden.
– Antrag
Dieser ist formlos entweder an die SVA oder an den Fonds zu stellen.
Höhe und Verrechnung der Zuschüsse
Der Zuschuss wird vom Fonds lediglich für den Pensionsbeitrag mit maximal S 1.000,- p. M. bescheidmäßig festgestellt und in der Beitragsvorschreibung bereits berücksichtigt.
Prüfung nach Vorliegen des Steuerbescheides
Sind die o.a. Voraussetzungen nicht erfüllt, so müssen bereits beanspruchte Zuschüsse zurückgezahlt werden. Entsprechen die tatsächlich erzielten Einkünfte entgegen der abgegebenen Prognose dagegen den Voraussetzungen, werden die Zuschüsse auch nachträglich ausbezahlt.
Hinweise für die Praxis
Meldeverpflichtung
Die formlose Meldung an die zuständige Landesstelle der SVA hat grundsätzlich binnen eines Monates ab Eintritt der Pflichtversicherung zu erfolgen. Bei Zutreffen der Voraussetzungen für die Pflichtversicherung hätte die Meldung daher schon bis spätestens 31. Jänner 2001 erfolgen müssen. Dieser Termin wird von der SVA aber mit einer gewissen Toleranz gehandhabt. Es sei aber darauf aufmerksam gemacht, dass wohl rückwirkend die Beiträge vorgeschrieben werden, ohne dass für diese Zeit ein Leistungsanspruch in der Kranken- und Unfallversicherung besteht.
Die Anmeldung erübrigt sich für jene, die bereits im Jahre 2000 als bildende Künstler, Musiker, Kabarettisten und Artisten nach GSVG bzw. ASVG sozialversichert waren oder sich bereits als Kunstschaffende der SVA gegenüber deklariert haben.
Versicherungserklärung
Das auf Grund der Meldung zugesandte Formular ist ausgefüllt an die SVA zu senden. Beim Ausfüllen sind folgende Überlegungen von Bedeutung:
– Ausschließlich selbständige künstlerische Tätigkeit
Ist die Versicherungsgrenze I überschritten, besteht Versicherungspflicht. Die Meldung hat umgehend zu erfolgen.
– Selbständige künstlerische Tätigkeit und ASVG-Dienstverhältnis
Ist es zweifelhaft, ob die Versicherungsgrenze II überstiegen wird, kann mit der Meldung so lange zugewartet werden, bis die Frage geklärt ist. Weitgehender Versicherungsschutz ist ja gegeben. Spätestens vor Rechtskraft des Steuerbescheides für 2001 sollte – zwecks Vermeidung des 9,3%igen Zuschlages – aber die Meldung erfolgen.
– Selbständige künstlerische und gewerbliche Tätigkeit
Es gibt keine Versicherungsgrenze. Die Einkünfte aus beiden Tätigkeiten werden einheitlich nach GSVG beurteilt.
– Selbständige künstlerische Tätigkeit und Beamter
Es besteht eine Mehrfachversicherung nur für die Krankenversicherung. Pensionsbeiträge sind in voller Höhe zu zahlen. Damit wird auch ein weiterer Pensionsanspruch erworben.
– Tantiemen aus einer ehemaligen künstlerischen Tätigkeit und Pensionsbezug
Es besteht keine Pflichtversicherung für die Tantiemen. Tantiemenbezüge während einer aktiven Tätigkeit sind aber in die Bemessungsgrundlage miteinzubeziehen.
Beitragszuschüsse
Die Versicherungspflicht als „neuer Selbstständiger“ ist unabhängig von den Anspruchsvoraussetzungen nach § 17 des Beitragsfondsgesetzes zu beurteilen. Lediglich Künstler, die mindestens 1 Kalendermonat tätig sind und die sonstigen Voraussetzungen erfüllen, sind anspruchsberechtigt. Eine besondere Härte ist darin zu sehen, dass Künstler, die auf Grund ihrer Einkommensprognose die Versicherungsgrenzen überschreiten und deshalb die Beiträge entrichten müssen, die Zuschüsse dann zurückzahlen müssen, wenn die Versicherungsgrenze laut Steuerbescheid letztendlich nicht erreicht wird. Ob es in Härtefällen zu einer Nachsicht kommt, wird von der Beurteilung des Fonds abhängen.
Sonstige Hinweise
– Mit der Pflichtversicherung ist keine Arbeitslosenversicherung verbunden.
– Kunstschaffende können nicht als „freie Dienstnehmer“ nach ASVG versichert sein.
– Die Sozialversicherungsbeiträge mindern als Betriebsausgabe die Bemessungsgrundlage für die Einkommensteuer, sind aber für die Bemessungsgrundlage der Sozialversicherung wieder hinzuzurechnen.
– Werden Änderungen in den Einkommensverhältnissen an die SVA gemeldet (z.B. Widerruf der Einkommensprognose), dann entfallen ab dem nächsten Monat die Beiträge und der Versicherungsschutz geht verloren.
– Die bisher noch nicht versicherten Künstler, welche sich bei der SVA anmelden, werden dem Kuratorium, welches die Künstlereigenschaft prüft, bekanntgegeben. In Kurien wird dann entschieden, ob Künstlereigenschaft, für Zwecke der Zuschussgewährung vorliegt. Eine abgeschlossene künstlerische Hochschulbildung gilt als Nachweis für eine künstlerische Betätigung.
Ein Kuriosum zum Schluss: Das Bundesministerium für Finanzen hat im Erlass vom 6. September 2000 Interpreten von E-Musik grundsätzlich als künstlerisch und von U-Musik als gewerblich Tätige qualifiziert. Hat der lnterpret allerdings überörtliche Bekanntheit erreicht, ist auch bei einem „Alpen-Rocker“ von künstlerischer Tätigkeit auszugehen!