Im Rahmen von Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) kommt dem Wohnsitz eine große Bedeutung für das Besteuerungsrecht des jeweiligen Staates zu. Hat der Steuerpflichtige Wohnsitze in verschiedenen Ländern, so ist der Mittelpunkt der Lebensinteressen für die Ansässigkeit entscheidend. Der UFS hat sich unlängst (GZ RV/0520-I/08 vom 27.1.2011) mit der knapp zweijährigen Turnusarztausbildung eines österreichischen Medizinstudenten in England – er konnte in Österreich keine passende Stelle finden – zu beschäftigen. Während des Auslandsaufenthalts hatte er ein Zimmer in der Wohnung seiner Mutter zur Verfügung und kaufte sich zudem eine Eigentumswohnung in Österreich, die er nach der Ausbildungszeit im Ausland selbst bewohnen wollte. Er verbrachte auch regelmäßige Kurzaufenthalte in Österreich.
Zur Debatte stand, ob die in England im Rahmen der Turnusarztausbildung bezogenen und der britischen Lohnsteuer unterliegenden Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit auch in Österreich zu besteuern sind. Dem DBA zwischen Österreich und Großbritannien (und Nordirland) folgend werden Einkünfte aus einem Dienstverhältnis grundsätzlich im Ansässigkeitsstaat besteuert, wobei dem Staat, in welchem die Tätigkeit ausgeübt wird, auch das Besteuerungsrecht zukommt. Das Finanzamt sah Österreich als Ansässigkeitsstaat, da aufgrund der nur vorübergehenden Ausbildung keine Verlagerung des Mittelpunkts der Lebensinteressen anzunehmen sei – die englischen Turnusarzteinkünfte bleiben daher in Österreich weiter steueranhängig. Aufgrund des DBA werden die Einkünfte in Österreich unter Anwendung der Anrechungsmethode besteuert, wodurch es im vorliegenden Fall zu einer empfindlichen Nachzahlung kommt.
Der UFS bestätigte die Ansicht des Finanzamtes. Zentraler Anknüpfungspunkt für die unbeschränkte Steuerpflicht in Österreich ist der Wohnsitz bzw. der gewöhnliche Aufenthalt. Hierfür reicht die Innehabung einer Wohnung, wenn die Wohnung beibehalten und benutzt wird. Im vorliegenden Fall stellt das Zimmer bei der Mutter jedenfalls einen Wohnsitz dar. Für die Ansässigkeit in Österreich nach dem „Wegzug“ müssen überdies enge persönliche und wirtschaftliche Beziehungen bestehen bleiben. Gemäß Einkommensteuerrichtlinien ist bei kurzfristigen Auslandsaufenthalten unter zwei Jahren von keiner Verlagerung des Mittelpunktes der Lebensinteressen auszugehen. Dazu kommt noch, dass durch den (geförderten) Kauf der Eigentumswohnung in Österreich zusätzlich dokumentiert wurde, dass eine wirtschaftliche Beziehung zu Österreich weiterhin gegeben ist. Durch die häufigen Österreich-Besuche war auch die persönliche Bindung weiterhin zu erkennen. Gegen den Mittelpunkt der Lebensinteressen in England hingegen spricht, dass sich der Mediziner dort nicht häuslich niedergelassen hat, sondern in den Spitälern Personalzimmer bzw. kurzfristig angemietete Zimmer bewohnt hat. Ein schaler Beigeschmack blieb überdies, da gegenüber der Wohnbauförderungsabteilung im Vergleich zum Finanzamt vom Steuerpflichtigen ein gänzlich anderes Bild bzgl. Zukunftsvorstellungen gezeichnet wurde.