Die Bewertung von Unternehmen stellt seit jeher eine besondere Herausforderung für Bewerter, Gutachter und Unternehmer dar. Schließlich dreht sich dabei alles um die Frage „was ist mein Unternehmen wirklich wert?“. Sei es nun, dass sich diese Frage stellt weil ein Unternehmen gekauft oder verkauft werden soll oder bloß, weil ein Unternehmer wissen möchte, welchen Wert er seinem Unternehmen beizumessen hat. Mit dieser Frage beschäftigt sich auch die Kammer der Wirtschaftstreuhänder (KWT) intensiv.
Der Fachsenat der KWT hat am 26. März 2014 ein neues Fachgutachten zur Unternehmensbewertung veröffentlicht. Dieses Fachgutachten thematisiert erstmals explizit die Anwendung von Multiplikatormethoden zur Bewertung. Einerseits dürfen Unternehmen, die nicht der Rechnungslegungspflicht nach dem UGB unterliegen, mittels Multiplikatorverfahren bewertet werden, andererseits sind alle Bewertungsergebnisse, die auf Basis eines Discounted Cash Flow (DCF) – Modells – also eines Barwertmodells – ermittelt wurden, zwingend zu plausibilisieren. Das Fachgutachten schlägt auch hier die Anwendung der Multiplikatormethode vor.
Einführung in die Bewertung
Bei der Bewertung von Unternehmen anhand der Multiplikatormethode wird versucht, den Unternehmenswert durch einen Vergleich mit anderen Unternehmen zu errechnen. Hinter dieser Vorgehensweise steht der Gedanke, dass vergleichbare Vermögenswerte ähnliche Preise aufweisen und daher Preise für vergleichbare Unternehmen einen wichtigen Indikator für Unternehmenswerte darstellen. Der Unternehmenswert wird nicht durch eine Abzinsung zukünftiger Cash Flows ermittelt, sondern durch eine Multiplikation eines sogenannten Multiplikators mit einer Bezugsgröße.
Beispiel: Das zu bewertende Unternehmen ist in der Gastronomie tätig und hat im Jahr 2014 Umsätze von 400.000 € (Bezugsgröße) erzielt. Der Branchenmultiplikator bezogen auf die Umsätze beläuft sich in der Gastronomiebranche auf 0,65. Daraus ergibt sich ein Unternehmenswert von 400.000 € x 0,65 = 260.000 €.
Der große Vorteil der Multiplikatormethode ist die einfache Durchführbarkeit der Bewertung. Im Gegensatz zu Kapitalwertmodellen muss keine aufwendige Zukunftsplanung aufgestellt werden, aus der anschließend Cash Flows abgeleitet werden. Multiplikatoren eignen sich besonders gut für die Bewertung von Klein- und Mittelbetrieben, da häufig homogene Kosten- und Erlösstrukturen vorliegen. Ein Nachteil der Multiplikatormethode ist allerdings die fehlende theoretische Begründung. Während für das Kapitalwertmodell fundierte theoretische Modelle vorliegen, fehlen diese für die Multiplikatormethode. Trotzdem kann die Multiplikatormethode keineswegs vernachlässigt werden, da sie auf beobachtbaren Daten am Markt basiert und daher von großer Bedeutung ist.
Der Multiplikator wird anhand eines vergleichbaren Unternehmens oder einer Gruppe von vergleichbaren Unternehmen (Peer Group) ermittelt. Dabei ist darauf zu achten, dass das Unternehmen bzw. die Gruppe von Unternehmen mit dem zu bewertenden Unternehmen in den wesentlichsten Eigenschaften vergleichbar ist. Dazu zählen beispielsweise die Branche, das Geschäftsmodell, die geografische Abdeckung, die Profitabilität, die Anlagenintensität oder auch das Wachstum des Unternehmens. Der Multiplikator errechnet sich dann aus der Division von Marktpreis des Eigenkapitals bzw. Gesamtkapitals und der jeweiligen Bezugsgröße. Als Bezugsgrößen können der Umsatz, das EBIT oder auch das EBITDA herangezogen werden. In diesem Fall stellt der Unternehmenswert den Marktpreis des Gesamtkapitals dar, von dem noch die Nettofinanzverbindlichkeiten abzuziehen sind. Wird der Jahresüberschuss als Bezugsgröße verwendet, so ergibt sich direkt der Marktpreis des Eigenkapitals. Bei der Auswahl der Bezugsgröße sollte gemäß Fachgutachten das EBIT oder das EBITDA herangezogen werden, da der Wert eines Unternehmens ganz zentral von der Fähigkeit, im operativen Geschäft Gewinne zu erzielen, abhängt. Werden Umsatz-Multiples zur Bewertung herangezogen, so wird implizit davon ausgegangen, dass das zu bewertende Unternehmen die gleiche Ertragskraft wie das Unternehmen der Peer Group hat.
Multiplikatoren nach Branchen
In einer kürzlich veröffentlichten Studie wurden anhand von Unternehmenskäufen/verkäufen in Österreich, Deutschland und der Schweiz zwischen 1.1.2010 und 5.11.2013 folgende Branchenmultiplikatoren ermittelt (siehe Tabelle). Angegeben wird hier jeweils der Median, da dieser am wenigsten durch Ausreißer beeinflusst wird.
Branche | Umsatz-erlöse | EBITDA | EBIT |
Güter- und Personenverkehr | 0,63 | 6,45 | 9,64 |
Bauwirtschaft | 0,35 | 5,92 | 12,67 |
Beherbergung und Tourismus | 1,41 | 0,89 | 14,31 |
Gebäude und Grundstücksverwaltung | 13,79 | 25,12 | 17,99 |
IT Services | 1,83 | 8,24 | 16,84 |
Großhandel | 0,68 | 8,10 | 10,78 |
Einzelhandel | 1,63 | 8,27 | 18,15 |
Architektur und Ingenieurbüros | 0,33 | 7,96 | 8,74 |
Unternehmensführung, -beratung | 0,86 | 11,84 | 13,33 |
Gastronomie | 0,65 | n/a | n/a |
Quelle: Aschauer/Purtscher/Bozic: Eine Ableitung von Multiplikatoren aus vergangenen Transaktionen für die Plausibilitätsprüfung von Unternehmenswerten, RWZ 9/2014, S. 278